Welche Schritte sind wichtig für die Eröffnung einer Kassenpraxis?
In diesem Artikel erhalten Sie Informationen über die nötigen Schritte bei der Gründung und Finanzierung einer Kassenpraxis. Alle Schritte werden ausführlich erklärt und erläutert. Am Ende des Artikels finden Sie Informationen zur Finanzierung einer Kassenpraxis.
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Schritte von der Approbation in die eigene Kassenpraxis
Dieser Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Schritte in die eigene Kassenpraxis nach Erhalt der Approbation. Zudem werden Möglichkeiten zur Finanzierung vorgestellt.
Schritt 1
Nach erfolgreich bestandener Abschlussprüfung steht die Beantragung der Approbation bei der Bezirksregierung an, sobald das Zeugnis vorliegt. Die Dauer bis zum Erhalt der Approbationsurkunde beträgt circa 4 Wochen.
Schritt 2
Mit der Approbationsurkunde kann an sich in das Arzt- bzw. Psychotherapeutenregister der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) des Bundeslandes eintragen lassen, in dem man eine Kassenzulassung erwerben möchte. Durch den Registereintrag wird die Fachkunde im Richtlinienverfahren dokumentiert und die Voraussetzung geschaffen, die Kosten von psychotherapeutischen Behandlungen im Richtlinienverfahren und im Rahmen der Kostenerstattung abrechnen zu können. Der Eintrag kann auch bei der Eröffnung einer Privatpraxis sinnvoll sein, man erhält hierüber eine lebenslang gültige Arztnummer.
Schritt 3
Eintrag in die Warteliste für Zulassungen der KV. Diese ist für alle Zulassungsbezirke getrennt. Formulare zur Aufnahme auf die Warteliste findet man auf der Seite der KV.
Schritt 4
Wenn im Bundesland angeboten: Teilnahme an Informationsveranstaltungen der Psychotherapeutenkammer (PTK), zum Beispiel dem "Tag der Neuapprobierten" der PTK NRW, hier werden auch das Versorgungswerk vorgestellt und Tipps zum Erwerb einer Kassenzulassung vermittelt.
Schritt 5
Suche einer frei werdenden Kassenzulassung, also eines/einer "Zulassungs-Abgerber:in". Es gibt beispielsweise Anzeigen in Psychotherapeutenjournal, Ärzteblatt oder im Internet (Praxisbörsen der PTK oder KV). Es ist auch möglich über Mundpropaganda, beispielsweise an Stammtischen, einen frei werdenden Kassensitz zu finden. Wissenswertes zu der Überlegung, ob ein halber oder ganzer Kassensitz zu den eigenen Vorstellungen passt, finden Sie hier.
Schritt 6
Wenn man eine Kassenzulassung gefunden hat, muss ein Kaufvertrag geschlossen werden. Hierzu ist die Inanspruchnahme einer Rechtsberatung empfehlenswert. In den Kaufvertrag sollte eine Klausel eingefügt werden, dass dieser nur rechtskräftig wird, wenn die Zulassung vom Zulassungsausschuss bestätigt wird. Musterverträge sind bei der Deutschen Psychotherapeuten Vereinigung (DPtV) erhältlich.
Schritt 7
Einreichung der Bewerbung auf den frei werdenden Kassensitz bei der KV. Hierfür teilt der/die Abgeber:in die Chiffre der Ausschreibung mit, unter der sich beworben werden muss. Im Idealfall ziehen alle Mitbewerber:innen ihre Bewerbung zurück.
Schritt 8
Stellen des Antrags auf Zulassung.
Schritt 9
Die Zulassung wird vor dem Zulassungsausschuss verhandelt. Ist man alleinge:r Bewerber:in, geht dies in der Regel sehr schnell. Hier kann auch über einen gegebenenfalls bestehenden Wunsch zur Verlegung des Praxissitzes verhandelt werden. Im Zulassungsausschuss wird im Vorfeld geprüft, ob eine Nachbesetzung des Kassensitzes aus Versorgungsgründen erforderlich ist.
Im Nachbesetzungsverfahren gibt es Gruppen von Bewerber:innen, die privilegiert behandelt werden. Dies sind Ehepartner:innen oder Kinder des Praxisabgebenden, bisher angestellte Therapeut:innen der ausscheidenden Therapeut:innen und bisherige Gemeinschaftspraxis-Partner:innen. Auch die wirtschaftlichen Interessen der ausscheidenden Therapeut:innen werden berücksichtigt. Daher kann es im Vorfeld wichtig sein, die formalen und/oder fachlichen Voraussetzungen zu schaffen, die zur Privilegierung beitragen, wie etwa ein Angestelltenverhältnis, Job-Sharing oder Sicherstellungsassistenz.
Bei der Zulassung von erstmals ausgeschriebenen Sitzen oder konkurrierenden Bewerber:innen spielen die Kriterien berufliche Eignung, Approbationsalter sowie die Daten der Eintragung ins Arztregister und auf die Warteliste der KV eine Rolle.
Schritt 10
Erhält man einen Zulassungsbescheid, wird dieser nach 4 Wochen rechtskräftig.
Schritt 11
Beantragung der Abrechnungsgenehmigung bei der KV. Bei der KV sind für Psychologische Psychotherapeut:innen folgende Abrechnungen bei entsprechender Qualifikation zu genehmigen: Verhaltens-, Gruppen- sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, übende Verfahren, EMDR, Zweitverfahren (TP und Psychoanalyse) und Videobehandlung.
Schritt 12
Teilnahme an Veranstaltungen der KV für neu zugelassene Vertragspsychotherapeut:innen. Diese sind in der Regel Pflichtveranstaltungen.
Sind all diese Schritte geschafft, geht es um die Eröffnung und Gestaltung der Praxis. Informationen zu Eröffnung einer eigenen Praxis hinsichtlich Herausforderungen, Kooperationsformen und der Anmietung von Praxisräumen finden Sie hier. Informationen zu Versicherungen und der Altersvorsorge von (Jung-)Approbierten finden Sie hier.
Vor dem ersten Praxistag sind noch weitere Anmeldung nötig, unter anderem bei der Landespsychotherapeutenkammer, dem Finanzamt zum Erhalt einer Steuernummer, der Berufsgenossenschaft sowie beim Rundfunkbeitrag (GEZ).
Welche Möglichkeiten gibt es zur Finanzierung der eigenen Praxis?
Zunächst kann es ratsam sein, eine Gründungsberatung bei der Kommune, der Niederlassungsberatung der KV oder, wenn man aus einer Anstellung heraus gründet, auch bei der Arbeitsagentur in Anspruch zu nehmen.
Zur Finanzierung durch sogenannte Fremdmittel, also Kredite, ist es möglich, sich an die Hausbank oder spezialisierte Geschäftsbanken wie die Deutsche Apotheker- und Ärztebank, HypoVereinsbank, Deutsche Bank oder Sparkasse zu wenden. Eine Unterform der Fremdmittel sind öffentlich Fördermittel, die beispielsweise aus Förderprogrammen für Existenzgründer:innen des Bundes, der Bundesländer oder der Europäischen Union stammen. Öffentliche Fördermittel zeichnen sich meist durch niedrige Zinsen, lange Laufzeiten und eine rückzahlungsfreie Zeit aus. Privatdarlehen können natürlich auch zur Finanzierung genutzt werden, hierbei sollte ein offizieller Vertrag inklusive Zinsvereinbarungen aufgesetzt werden.
Sollten die Banken ein Finanzierungsangebot zunächst ablehnen, ist die Erstellung eines Businessplans vonnöten. Dieser sollte zum einen Textteil enthalten mit der Beschreibung der persönlichen Eignung und dem beruflichen Werdegang, Vorhaben und Beschreibung der Praxis, der Zielgruppe, der Markt- und Wettbewerbssituation sowie bestehenden Zuweisekontakten, beabsichtigte Akquiseaktivitäten, der interne Organisation und Zukunftsperspektiven. Zum anderen sollte er einen Zahlenteil mit einer Aufstellung der Investitionskosten, Liquiditätsplan, Rentabilitätsvorschau sowie eventuell fachkundiger Stellungnahme beinhalten. Das Zurateziehen von Steuerberater:innen oder Finanzfachpersonen kann hilfreich sein, um die eigene Situation und Vorhaben zu besprechen und planen.
Die Kosten liegen bei Gründung einer Praxis erfahrungsgemäß zwischen 5.000–50.000€, wobei die Kosten für den Kassensitz nicht inbegriffen sind. Die große Kostenspanne entsteht dadurch, dass die Investitionen abhängig vom individuellen Stil, Standort, Zielgruppe und der allgemeinen Investitionsbereitschaft und -fähigkeit sind. Zu unterscheiden ist bei den Kosten zwischen einmaligen und laufenden Kosten. Einmalige Kosten fallen etwa für das Mobiliar und Inventar der Praxis und Werbung an. Hierbei ist ein Puffer von 10–25 % für Unvorhergesehenes ratsam. Die laufenden Kosten setzen sich zusammen aus Miete, Bürobedarf, Telefon, Dekoration, berufliche Weiterentwicklung (Supervision, Weiterbildungen, Fachliteratur), gegebenenfalls Reisekosten, Personalkosten und allgemeine Gebühren wie Versicherungen und Steuern.
Zu guter Letzt: Bei all den Aufgaben und Anforderungen, die das Berufsleben als selbstständige:r Psychotherapeut:in mit sich bringt, ist die eigene Psychohygiene nicht zu vergessen. Hierzu gehört die Trennung von Arbeit und Freizeit, Aufgabendelegation, Inter- und Supervision sowie Fortbildungen der Berufs- und Fachverbände.
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