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Videosprechstunde in der Praxis

Charlotte Schütz

Charlotte Schütz

10.8.2022
, Update vom
31.7.2024

Lesedauer: ca.

6

Minuten

Als Folge der anhaltenden Covid-Pandemie und daraus gewachsenen Veränderungen für die Psychotherapie, entsteht eine verstärkte Nachfrage, Therapiesitzungen auch online durchzuführen. Die Notwendigkeit für diese Videosprechstunden rührt dabei vorrangig daher, dass coronabedingte Umstände wie Hygiene- und Abstandsregelungen und die Maskenpflicht den therapeutischen Alltag bestimmen. War die Videotherapie zu Beginn der Pandemie noch an vielen Stellen improvisiert und neu in der Durchführung, lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt mehr Erfahrungen mit der Behandlungsform abbilden. Aufgrund der anhaltenden Pandemie sowie der Flexibilität, die sich aus der Videotherapie ergibt, liegt es nahe, dass dieser auch in Zukunft noch eine große Bedeutung in der Therapie zukommen wird. 

Im Folgenden sollen Sie einen Überblick darüber erhalten, was Sie als Psychotherapeut:in im Rahmen der Durchführung von Videosprechstunden wissen und beachten müssen.

Welche Bedingungen gelten für die Durchführung einer Videosprechstunde in der Psychotherapie?

Grundsätzlich gilt, dass jede psychotherapeutische Sitzung als Videosprechstunde durchgeführt werden kann, sofern bereits ein persönlicher Erstkontakt samt Aufklärung, Eingangsdiagnostik und Indikationsstellung erfolgt ist. Das bedeutet, dass die psychotherapeutische Sprechstunde und probatorische Sitzungen im persönlichen Kontakt stattfinden müssen. Diese Regelung war zeitweise aufgrund der Corona-Pandemie ausgesetzt und tritt seit dem 01. April 2022 wieder in Kraft. 

Auch nach dem Erstkontakt besteht weiterhin die Empfehlung eines persönlichen Kontakts in der Psychotherapie.  In diesem Sinne haben die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Krankenkassen sich darauf geeinigt, das Kontingent an Leistungen, das per Video durchgeführt wird, zu begrenzen. Es wurde eine Obergrenze von 30% festgelegt.  Um Psychotherapeut:innen mehr Handelsspielraum zu gewähren, spielt es seit dem 01.Juli 2022 nach Sprechstunde und Probatorik keine Rolle mehr, welche Sitzungen online durchgeführt werden. Hauptsache ist, dass nicht mehr als 30% aller Leistungen online stattfinden. 

Natürlich müssen weiterhin die berufsrechtlichen Vorschriften der jeweiligen Landeskammer für Erstkontakte befolgt werden.

Wichtig ist in jeder Hinsicht die Beachtung der Berufsordnung samt Sorgfaltspflicht, genau wie bei der herkömmlichen Psychotherapie.

Seit Ende des Jahres 2021 ist es zudem möglich, Gruppentherapien als Videotherapie durchzuführen. In einer Gruppentherapie sind dabei maximal acht Patient:innen zulässig. Der/Die Psychotherapeut:in muss die Sitzung von therapeutischer Seite aus alleine durchführen. 

Auch besteht durch eine formlose Anzeige bei der Krankenkasse die Möglichkeit, Gruppensitzungen à 100 Minuten, welche bereits genehmigt worden sind, online als Einzeltherapiesitzungen à 50 Minuten durchzuführen. 

Welche technischen Anforderungen muss ich beachten?

Bestimmungen zur Informationstechniksicherheit sehen vor, dass die Übertragung der Videosprechstunde ohne Nutzung eines zentralen Servers stattfinden soll. Weicht man hiervon ab, so obliegt es dem Videodienstanbieter, für ein angemessenes Niveau an Schutz und Sicherheit der Daten zu sorgen. Die genauen technischen Anforderungen zur Durchführung einer Videotherapie sind in der Anlage 31b zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) einsehbar. 

Nach welchen Kriterien ist ein Videodienstanbieter zu wählen?

Der für die Videotherapie genutzte Videodienstanbieter muss zertifiziert sein. Zu dieser Zertifizierung muss der Anbieter im Voraus eine Selbstauskunft bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und beim Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung vorlegen. Ist der Vertrag abgeschlossen, sollte die Praxis anschließend von dem Videodienstanbieter eine Bescheinigung erhalten, welche offenlegt, dass dieser die Anforderungen zur IT-Sicherheit und zum Datenschutz erfüllt. So muss der Videodienstanbieter in diesem Rahmen gewährleisten, dass die Inhalte der Videosprechstunde während des gesamten Übertragungsprozesses Ende-zu-Ende verschlüsselt sind, dass Daten nicht eingesehen, gespeichert oder weitergegeben werden oder, dass Metadaten nach spätestens drei Monaten gelöscht werden müssen. Auch darf der Videodienstanbieter keine schwerwiegenden Sicherheitsrisiken aufweisen. Eine Liste mit Überblick über zertifizierte Anbieter kann über die Website der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) heruntergeladen werden. Allerdings dient diese nur zur Orientierung, da die eigentliche Zertifizierung von unabhängigen Stellen erfolgt. 

Zentral für Psychotherapeut:innen ist es zu wissen, dass sie Leistungen der Videosprechstunde erst dann abrechnen können, wenn sie ihrer Kassenärztlichen Vereinigung im Voraus über die Zertifizierung des Dienstanbieters berichtet haben. Diese Regelung ist zwar derzeit in einigen KV-Regionen pandemiebedingt ausgesetzt, sollte aber im Hinterkopf behalten werden.

Was gilt beim Thema Datenschutz?

Für Bestimmungen zum Datenschutz müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Verarbeitung personenbezogener Patient:innendaten sowohl von dem Videodienstanbieter als auch von den Psychotherapeut:innen beachtet werden. Zugrundeliegende Inhalte schöpfen sich aus der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), dem Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie dem Zehnten Sozialgesetzbuch (SGB X). Der Videodienstanbieter ist dabei verpflichtet, sich an der DSGVO zu orientieren. Wichtig ist zudem, dass die Verarbeitung von personenbezogenen Daten ausschließlich im Inland oder einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union erfolgen darf. Nur ausgehend von Sonderbedingungen darf die Verarbeitung von Daten auch in einem gleichgestellten Staat oder einem Drittstaat erfolgen. 

Welche Anforderungen sind an Psychotherapeut:innen gerichtet?

Im Hinblick auf die Sicherheit der Verarbeitung der Daten obliegt den Psychotherapeut:innen die Verantwortlichkeit, innerhalb der eigenen Räumlichkeiten und IT-Systeme die erforderlichen informationstechnischen und datenschutzrechtlichen Maßnahmen zu gewährleisten. Darunter fällt auch die Auswahl eines zertifizierten Dienstleisters. 

Auch müssen Psychotherapeut:innen für eine angemessene technische Ausstattung sorgen, welche üblicherweise einen Bildschirm, eine Kamera, ein Mikrofon und einen Lautsprecher umfasst. Patient:innen müssen die Freiwilligkeit der Teilnahme bestätigen sowie eine Einwilligung in die Datenverarbeitung des genutzten Videodienstanbieters abgeben. Von beiden Seiten ausgehend sollte der ungestörte Ablauf der Behandlung sichergestellt werden, indem die Sitzung in einem geschlossenen Raum stattfindet, welcher, genau wie bei einer herkömmlichen Sitzung, die nötige Privatsphäre gewährleistet.

Was muss ich zur Vergütung wissen?

Die Vergütung der Videosprechstunde erfolgt über die jeweilige Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale. Die Pauschalen samt Zuschlägen werden in voller Höhe ausgezahlt, sofern im selben Quartal noch ein persönlicher Kontakt zu dem/der Patient:in erfolgt. Findet dagegen kein persönlicher Kontakt zwischen Therapeut:in und Patient:in statt, werden die Pauschalen samt Zuschlägen gekürzt. Diese Kürzung erfolgt je nach Fachgruppe und prozentual auf die jeweilige Pauschale bzw. den jeweiligen Zuschlag. Psychotherapeut:innen fallen in die Gruppe 1, bei welcher eine Abschlag von 20% vorgesehen ist.

Praxen erhalten auch eine Technikpauschale zur Finanzierung der Kosten für den Videodienst je durchgeführter Videosprechstunde und können Leistungen für Gespräche abrechnen, die per Videosprechstunde erfolgen. Für den Aufwand der Authentifizierung neuer Patient:innen innerhalb einer Videotherapiesitzung besteht auch ein Zuschlag.

Eine weitere Änderung im Rahmen der Pandemie besteht darin, dass die maximal erlaubte Anzahl an Behandlungsfällen, welche ausschließlich per Videosprechstunde behandelt werden, nicht mehr bei 20% liegt. Zudem beläuft sich die Menge der Leistungen, welche im Rahmen der Videotherapie durchgeführt werden darf, nicht mehr auf 20%.

Zusammenfassend: Wie ist der Ablauf der Videotherapie?

  1. Der/Die Psychotherapeut:in registriert sich bei einem zertifizierten Videodienstanbieter. Dieser stellt den Patient:innen zusätzliche Informationen bereit, etwa von der Praxis gemeldete freie Zeiten für die Videosprechstunde und wie die Anmeldung zu einer Videosprechstunde abläuft.
  1. Der/Die Patient:in erhält einen Termin für eine Videosprechstunde, entweder über die Praxis oder über den Videodienstanbieter.
  2. Der/Die Patient:in erklärt vor der ersten Videosprechstunde seine Einwilligung, auch hier entweder über den Videodienstanbieter oder direkt über die Praxis.
  3. Patient:in und Psychotherapeut:in wählen sich bei dem Videodienstanbieter ein. Dabei müssen Patient:innen unter Umständen im Online-Wartezimmer warten, bis sie von dem/der Psychotherapeut:in aufgerufen werden.
  4. Bei Beginn der Sprechstunde stellen sich beide Parteien vor. Die Identität der Patient:innen muss für die Praxis eindeutig erkennbar sein. Ist es die erste Sprechstunde, so muss zu Beginn der Sitzung die elektronische Version der Gesundheitskarte in die Kamera gezeigt werden, sodass eine Identitätsprüfung und eine Aufnahme aller notwendiger Daten erfolgen kann. Mündlich müssen Patient:innen zudem über ihren bestehenden Versicherungsschutz informieren. Aufzeichnungen sind während der Videosprechstunde nur mit vorheriger Einwilligung gestattet, die Videosprechstunde darf außerdem keine Werbung enthalten. 
  5. Bei Beendigung der Videosprechstunde melden sich beide Teilnehmer:innen von der Website ab. Die Psychotherapeut:innen dokumentiert die Behandlung folgend im Praxisverwaltungssystem.

Autor:in

Charlotte Schütz

Ich bin Psychologin und Psychotherapeutin i. A. in Köln. Mein Psychologiestudium habe ich an der Johannes-Gutenberg Universität Mainz absolviert. Neben meiner psychotherapeutischen Arbeit bin ich bei Elona Health im Bereich Content und Magazin tätig.

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Psychologisch-medizinisch überprüft durch:

Prof. Dr. Peter Neudeck

Anna, psychologische Psychotherapeutin

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